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Dieses Thema hat 5 Antworten
und wurde 1.372 mal aufgerufen
 Psychologie
Sunnygirl Offline




Beiträge: 570

16.10.2007 08:32
Präkognition bei Kafka Zitat · Antworten
Hi zusammen

Ich hab mal vor 3 Jahren ein Literatur-Forum mit meiner Kafka-Werkinterpretation erschreckt.

Es ging dabei um folgende Erzählung Kafkas:
http://gutenberg.spiegel.de/?id=5&xid=13...nlanda#gb_found

Hier eine übersichtliche Einführungs zu Kafkas Landarzt:
http://doctor-net.de/index.php/Ein_Landarzt

Ich kopiere meine damaligen Texte mal hier rein:

Kafkas Stoffrepertoire waren ja vorwiegend seine Träume, welche er schriftstellerisch verarbeitete.

Ich amplifiziere zuerst einmal mit einem meiner Träume, um mich der Geschichte anzunähern:

Ich träumte, ich hätte eine riesige kreisrunde Wunde im Bauch, wie ausgeschnitten, geometrisch exakt herausgehoben, als hätte ein Chirurg ein Stück wegoperiert. Es tat nicht weh und ich litt eigentlich auch sonst nicht, war nur sehr verwundert über das kraterförmige handbreite runde Loch in meinem Bauch. Doch bald entdeckte ich rote Ameisen darin, welche ständig im Kreis herumliefen. Sie mussten das Loch durch ihr fleissiges Wandern eingelaufen haben, sinnierte ich fasziniert. Als ich aufwachte, knurrte mein Magen, ich hatte riesigen Hunger.

Zum Loch-im-Bauch-Traum-Motiv:

Bei mir war es Sinnbild meines Hungers, weil ich mit "Loch im Bauch" spontan Hunger verknüpfe. Dieses Sinnbild stammt aus meiner Kindheit, wo ein Mädchen mir erklärte, wie Hunger und Sattsein in ihrer Familie spasseshalber signalisiert wird: bei Hunger die Hand als Bogen gegen den Bauch gerichtet, also ein dargestelltes Loch, und wenn sie satt war, ein gewölbter Bogen über dem Bauch, d.h. die Andeutung eines Bäuchleins. Solche Dinge übernimmt der Traum regelmässig wie einen persönlichen Code.

Bei Kafkas Traumvorlagen müssen ähnliche Bezüge zu seinem realen Leben existieren. Der Auslöser für die Wunde muss jedoch nicht der Hunger sein. Es kommt darauf an, was er mit "Wunde an der Seite" usw. verband und was er zu jener Zeit erlebte und assoziierte.

Ich hab noch einen passenderen Traum, der vom Zusammenhang her mehr Licht in die Traumsprache von Kafkas Landarzt werfen könnte:

Ich träumte folgendes:

Ich kam in einen sonnig durchfluteten Raum, der mich an unsere Wohnung erinnerte, doch erschrak ich beim Eintreten, denn auf dem Fussboden lag ein merkwürdiges Holzgerät, und daran angebracht, oh weh, ein Fuss und zwei Finger, blaurot verfärbt und aufgequollen. Ich dachte sofort an meine Schwester, blickte durch das Fenster in die Ferne, zum nahen Fluss, wo ich ihren Mörder vermutete. Auf einmal war das morbide Spielzeug weg und erleichtert sah ich meine Schwester unversehrt den Raum betreten. Trotzdem sorgte ich mich. Irgendetwas stimmte nicht. Da befand ich mich auf einmal in einem anderen Raum, wo eine Frau, eine Weisse Wandlerin, auf einem Holzstuhl sass, aus demselben Holz wie das merkwürdige Gerät, dachte ich bangend. Ich fühlte mit absoluter Gewissheit, dass ich diese Weiss-Wandlerin nicht berühren durfte und von ihrer flüssig Weissen Gestalt etwas Bedrohliches ausging.

Und nun zur Deutung:

Meine Schwester bekam einen Tag später tatsächlich einen blaurot verfärbten Fuss, zwei Finger fingen ebenfalls an, blau aufzuquellen = morbides Holzgerät mit Fuss und zwei Fingern.

Es stellte sich heraus, dass meine Schwester eine lebensbedrohliche Infektion hatte, welche sie sich bei ihrem Spaziergang am nahen Fluss (barfuss) zuzog = Mörder am Fluss.

Ihre Weissen Blutkörperchen hatten sich durch die Infektion vermehrt, wogegen sie sofort Antibiotika einnehmen musste = Flüssig Weisser Körper der Wandlerin.

Auf Kafkas Landarzt bezogen:

Der Vergewaltiger-Typ ist in diesem Fall nicht 1:1 zu verstehen, dagegen spricht auch die Parallele Rosa und rosa Wunde, sondern versinnbildlicht die Lebensbedrohlichkeit der Wunde (so wie in meinem Traum der Mörder und die Weisse Wandlerin).

Dass es nicht ein Mörder ist, sondern "nur" ein Vergewaltiger, spricht für den offenen Ausgang der Szene. Es ist also nicht klar, ob der Junge stirbt, auch wenn die Hoffnungslosigkeit des Arztes dafür spricht.

Wusstet Ihr, dass im Jahr 1917, als die Erzählung "Ein Landarzt" entstand, auch Kafkas Lungentuberkulose entdeckt wurde?

Steckt also tatsächlich ein realer Sachverhalt hinter der Geschichte, der Junge IST Kafka.

Die TBC war ja schon da, bevor sie vom Arzt "erkannt" wurde, wie die Wunde des Jungen.

Kafka träumte nicht gleich von einem Mörder (akute Todesbedrohung), sondern "nur" von einem Vergewaltiger, weil der Tod nicht sofort eintreten würde, sich stattdessen noch über Jahre als Leiden dahinzog.

Kafka musste gefühlt haben, wie zentral dieser Traum für ihn noch werden sollte.

Vielleicht war es ihm noch nicht voll bewusst, als er seinen Traum verarbeitete, das Unbewusste greift da manchmal vor.

Kafkas Stoffrepertoire waren ja vorwiegend seine Träume, welche er schriftstellerisch verarbeitete. Hab ich u.a. aus folgendem Buch:

Kafka, Franz/ Träume/Fischer,S./ISBN 3-596-11148-X

Auch wenn Kafka nicht ausschliesslich Träume verarbeitete, litt er darunter, wenn seine Erzählungen/Romane nicht wie aus einem Guss seinem "Traumleben" (in unruhigem Halbschlaf auf seiner Couch) entsprangen und gleich niedergeschrieben wurden.

Er versuchte, die unmittelbare Wahrhaftigkeit und Erlebnisfrische seines Traumlebens in die Texte zu transportieren. Dieses Gefühl der Traum-Evidenz konnte er vor allem bei seinen Romanen nur schlecht aufrechterhalten, weshalb er zeitlebens in grossem Zwiespalt lebte.

Kafka wollte sicherlich nicht "nur" seine Albträume aufschreiben, im Gegenteil: er erkannte die wahre Vielschichtigkeit und "hohe Intelligenz" der Träume, tat sie eben nicht ab wie die meisten es heute noch tun, sondern eignete sich das Traumleben als durchgängiges Stilmittel an, so wie James Joyce den Bewusstseinsstrom als Grundwahrnehmungsform etablierte.

All die bizarren Erzählelemente in der Landarzt-Erzählung (z.B. das Verhalten der Pferde) lassen sich durch die von Freud genannte Traumarbeit erklären. Kafka verstand es, diese Traumarbeit schriftstellerisch zu erfassen, ihre Strukturen aufzuzeigen und auf literarisch höchstem Niveau erweiternd auszuarbeiten.

Die Pferde sind ein nennenswerter Aspekt, doch glaube ich nicht, dass es um Sexualität geht, denn die Vergewaltigungsbedrohung wird aus Sicht von Rosa und K. als reinste Gewalt erlebt.

Man bedenke die Wortähnlichkeit zwischen ROSA und ROSS.

Und welche Farbe hat Blut? ROT. Und die ROTE Wunde wird zudem noch farblich als ROSA bezeichnet.

Solche Wort-Bild-Verschmelzungen sind typisch für Träume, welche Kafka hier eindeutig in seiner Erzählung literarisiert.

Von meinen Träumen her weiß ich, dass auch Wortbegriffe aus der Realität im Traum bildhaft codiert wiederkehren.

Tuberkulose z.B. hat dieses betonte -OSE. Der nächstliegende Vorname auf -OSE wäre tatsächlich ROSE oder ROSA, gerade in Kombination mit Blut = ROT + -OSE = ROSE = ROSA.

Und es heisst "die" Tuberkulose, also traumlogisch eine Frau.

Auch ROSS könnte aus ROT und -OSE assoziiert worden sein. Bauern-Rosse haben meist ein ROTbräunliches Fell wie getrocknetes Blut.

In meinen Träumen sind solche Codierungen die Regel, denn im Traum ist das Gehirn ja bekanntlich nicht ausgeschaltet, nur auf bildhaft denkende Gehirnregionen reduziert, deshalb auch dieses Traumsprachdenken.

Auf Traumlexika kann man da nicht gehen, es kommt immer auf die Assoziationen des betreffenden Träumers an und den Zusammenhang im Traum, was in der Landarzt-Erzählung u.a. aus Textimmanenz und Kafkas Biographie herausgelesen werden kann.

Der Pferdeknecht, der bald darauf von K. als Vieh betitelt wird, kommt auf allen Vieren aus dem Schweinestall und offeriert die fehlenden Pferde, welche von K. später mit "Säuen" verglichen werden.

Pferdeknecht = ROSSknecht, kommt aus dem Stall der bekanntlich ROSAfarbenen Schweine, geht wie ein Schwein, wird Vieh genannt, ist also selbst ein ROSAfarbenes Schwein.

Pferde = ROSSE, welche mit ROSAfarbenen Schweinen verglichen werden.

ROSSknecht, ROSSE, ROSA, ROSAfarbene Schweine, sie alle sind Teil der ROSAfarbenen Wunde bzw. der TuberkulOSE, welche brutal (wie ein Vergewaltiger) Kafkas Leben bedrohte.

Würmer mit WEISSEN Köpfchen arbeiteten in der Wunde. Das stimmt überein mit meinem hier geschilderten Fussinfektions-Traum, wo die bedrohliche WEISSE Wandlerin die WEISSEN Blutkörperchen ergaben. Da bei Entstehung der Landarzt-Erzählung Kafkas WEISSE Blutkörperchen ebenfalls anormal abwichen und Tuberkulose diagnostiziert wurde, kann von der gleichen Bedeutung ausgegangen werden.

Schon allein der Gedanke an WEISSE Blutkörperchen erinnert an WEISSE Würmer in Blut, also noch naheliegender als in meinem Traum, wo sich die Bedeutung im realen Leben feststellen liess.

Es gibt noch einen weiteren Hinweis auf die traumlogisch-bildhafte Verschlüsselung/Verknüpfung/Verschmelzung des Wortes TuberkulOSE.

Tuberkulose = TuBERKulose = Berk = Bergwerk = Berg, so wird die Wunde von K. ausdrücklich bezeichnet.

Und noch zwei Hinweise auf die entdeckte LUNGENtuberkulose Kafkas:

Die Wunde wird als "Blume" bezeichnet, und mit "zwei spitzen Winkeln". Zumindest mich erinnert das sehr an die Struktur und Form der zwei Lungenflügel.

Wie lebensbedrohend die Wunde bzw. Kafkas gleichzeitig entdeckte Tuberkulose war, zeigt sich auch an der Todesdrohung gegen den Arzt, wenn er nicht helfen kann.

Und so ist es ja auch, wenn er den Jungen, an dessen Seite er liegt und der K(afka)s kranke Lunge repräsentiert, nicht rettet, wird er AN DER = an der Seite der Krankheit sterben.

Weshalb der Landarzt, den Kafka traumlogisch mit seinem Onkel assoziierte, die Wunde des Jungen zuerst nicht sah, ihn also fälschlicherweise für gesund erklärte, liegt daran, dass diese Information für den Träumer Kafka noch unbewusst war und gerade erst ins Bewusstsein (Landarzt) drängte (Familie des Jungen). Das ist typisch für das Bewusstsein, es zensiert und verzerrt unbewusste Signale häufig, will diese nicht sogleich wahrhaben.
Sunnygirl Offline




Beiträge: 570

20.10.2007 17:42
#2 RE: Präkognition bei Kafka Zitat · Antworten
Vielleicht ein nicht ganz unwichtiger Nachtrag:

Aufgrund der richtigen Deutung meines präkognitiven Traumes war ich in der glücklichen Lage, meiner Schwester das Leben retten zu können. Hätte ich nicht sofort den Arzt kommen lassen und ihr diesen aufgenötigt, hätte sie sterben können, erklärte der Arzt. Es war eine Sache von Stunden. Sie war in akuter Lebensgefahr.
DieWölfin Offline




Beiträge: 1.751

21.10.2007 11:53
#3 RE: Präkognition bei Kafka Zitat · Antworten

Hallo Sunnygirl,

ziemlich interessant, was du so schreibst.
Trotzdem bedeuten Träume nicht immer etwas, sondern dienen häufig nur der Verarbeitung
des erlebten Alltags...genauer betrachten sollte man die Träume, die sich so nachhaltig
ins Erinnern einprägen, daß man sie auch Stunden nach dem Aufwachen noch weiß oder
aber auch Träume, die so real sind, daß man erst mal kurz überlegen muß, wo man jetzt
überhaupt ist. Ganz genau analysieren sollte man Träume, die einen so mitnehmen, daß man
davon aufwacht....das ist auf jeden Fall eine nähere Betrachtung wert...

In der Regel erinnert man nur einen kleinen Teil seiner Träume. Das was man erinnert
ist oft nur noch kurz nach dem Aufwachen präsent, schreibt man es nicht sofort auf,
ist es kurz darauf "weg"...

Man kann sogar trainieren, sich besser und öfter an seine Träume zu erinnern, wenn man das
gerne möchte. Es gibt ja sogar Leute, die sich so gut wie garnicht an ihre Träume erinnern.
Bedenklich wird es für Menschen, die garnicht träumen...das ist auf Dauer sehr ungesund
für die Psyche und man merkt das den Menschen nach geraumer zeit auch an, daß da was nicht
stimmt...

Gruß, die Wölfin
____________________________________________________________________
Weisheit ist, wenn du gelernt hast, jeden Schmerz zu überleben und wieder zu lachen....

Sunnygirl Offline




Beiträge: 570

22.10.2007 08:10
#4 RE: Präkognition bei Kafka Zitat · Antworten

Hi Wölfin

Ja, bei präkognitiven Träumen besteht bei mir immer eine Gewissheit, dass sie präkognitiv sind. So kann ich sie gut von Verarbeitungs-Träumen unterscheiden. Aber auch diese sind eine Betrachtung wert, um sich verdrängten Materialien bewusst zu werden und daran zu wachsen. Denn alles, was verdrängt ist, kommt wieder, z.B. in Alpträumen. Es will bewusst werden und drängt nach oben.

DieWölfin Offline




Beiträge: 1.751

22.10.2007 12:43
#5 RE: Präkognition bei Kafka Zitat · Antworten

Zitat von Sunnygirl
Hi Wölfin

Ja, bei präkognitiven Träumen besteht bei mir immer eine Gewissheit, dass sie präkognitiv sind. So kann ich sie gut von Verarbeitungs-Träumen unterscheiden. Aber auch diese sind eine Betrachtung wert, um sich verdrängten Materialien bewusst zu werden und daran zu wachsen. Denn alles, was verdrängt ist, kommt wieder, z.B. in Alpträumen. Es will bewusst werden und drängt nach oben.


Ich finde es erstaunlich, daß du das so klar unterscheiden kannst...Ich grüble bei
manchen Träumen doch gehörig was das für ein Traum war.
Mir fällt es mitunter doch sehr schwer, das einzuordnen...

Ich habe z.B. mal von der Beerdigung meiner Oma geträumt. Daß ich "die Zukunft träumte"
wurde mir erst klar, als ich 3 Monate später wirklich auf ihrer Beerdigung war, obwohl
sie zuvor mopsfidel gewesen ist. Die Beerdigung war im Übrigen ganz genau so wie im Traum.
Das war mir damals sehr unheimlich....
Wie kannst du deine Träume so genau unterscheiden? Hast du einen Trick oder Richtfaden?

Gruß, die Wölfin
____________________________________________________________________
Weisheit ist, wenn du gelernt hast, jeden Schmerz zu überleben und wieder zu lachen....

Sunnygirl Offline




Beiträge: 570

22.10.2007 16:33
#6 RE: Präkognition bei Kafka Zitat · Antworten

Hi Wölfin

Dein Traum ist sehr aufschlussreich. Wahrscheinlich hast Du ihn verdrängt, wolltest ihn nicht wahr haben.

Diese Gewissheit bei meinen präkognitiven Träumen ist das Hellwissen, das in solchen Träumen mitschwingt. Deshalb lassen mich solche Träume auch nicht los, auch wenn sie noch so merkwürdig sein mögen.

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