hier werde ich einige Kapitel aus meinem Buch Kismet posten Kismet erschien 2006 im Holzheimer Verlag es geht in dem Buch um eine Liebesgeschichte die in Indien beginnt und dann auf der Arabischen Halbinsel spielt...
Wie zwei goldbestaubte Vögel auf dem gleichen Baum, wie sehr nahe Freunde, bewohnen das Ego und das Ich den gleichen Körper. Das Ego isst von den süßen und den bitteren Früchten vom Baum des Lebens, während das Ich alles mit Losgelöstheit betrachtet.
Mundaka Upanishad
I
Stella saß im Lotussitz auf dem Boden, umgeben von Tausenden tibetischen Mönchen, die in einem Meer granatroter und safranfarbener Gewänder fast versanken. Die Stimmen der Mönche klangen so tief, als kämen sie aus dem Inneren der Erde. Vorn auf der Holzveranda des Kalachakra Tempels waren die hohen Lamas versammelt und rezitierten die Sutren des Kalachakra, eingehüllt in betäubendem Weihrauchduft. Es war Stella, als wäre sie in eine neue, fremde Welt eingetaucht, alles schien unwirklich. Eine Schar lachender junger Mönche rannte mit dickbauchigen Teekesseln zum Tor hinaus. Sie kamen nach kurzer Zeit zurück und schenkten Tee an die Menge aus. Wirklich! Wo bin ich hier gelandet, fragte sich Stella ein zweites Mal.
Dann andächtiges Schweigen, als der Dalai Lama begann, das Herzsutra zu rezitieren... „Aus diesem Grund, Sariputra, gibt es in der Leerheit keinen Körper, keine Empfindung, keine Unterscheidung, keine gestaltenden Faktoren und kein Bewusstsein...“
Die Zeit schien aufgehoben, Tenzing Gyatso, der XIV Dalai Lama sprach mit seiner kraftvollen Stimme. Er entfaltete die ‘Essenz der Vollkommenheit der Weisheit‘, wie das Herzsutra auch genannt wird, in seiner ganzen Größe. Tenzing Gyatso, Inkarnation des Buddhas des grenzenlosen Mitleids, Gottkönig und Herrscher über das Schneeland. „Es gibt weder Unwissenheit noch Aufhören der Unwissenheit, bis hin, dass es weder Alter noch Tod gibt. Ebenso gibt es kein Leid, keinen Ursprung, keine Beendigung, keinen Pfad, keine ursprüngliche Weisheit, kein Erlangen und kein Nichterlangen...“
Es gibt kein Leid, dachte Stella, alles ist Illusion, aber was für eine traurige Illusion... Ich finde keinen Trost. Nach zwei Stunden beendeten die Lamas ihre Sutren und es folgte Stille. Alle erhoben sich und strömten auseinander. Stella ging inmitten der Menschenmenge zu ihrem Hotel und fühlte sich einsam.
Ali
"Vertrauen ist eine Oase im Herzen die durch die Karawane des Denkens nie erreicht werden kann" Kahlil Gibran
Leben wie einem Gott gaben sie ihm. Ewigen Atem für einen Gott bringen sie für ihn herunter. Dann hießen sie Ziusudra, den König, den Bewahrer des Namens der Pflanzenwelt und des Samens der Menschheit, wohnen im Land des Übergangs, dem Land Dilmun, dem Ort, wo die Sonne aufgeht. Inschrift auf Keilschrifttafel aus Nippur
I
Um sieben Uhr morgens landete die Maschine der Gulf Air auf der Insel Bahrain. Mahoud bekam das Einreisevisum für Stella von Mohamed Ahziz sofort ausgehändigt. Mohamed Ahziz versprach, alle weiteren Visa bis heute Abend zu besorgen. Sie nahmen einen Mietwagen und fuhren zum Hotel Meridien. Während der Fahrt erzählte Stella von einem Traum, den sie im Flugzeug hatte. Von einem jungen Mädchen mit langen schwarzen Haaren. Dieses Mädchen wäre sie selbst gewesen. Sie hätte Wäsche an der großen Mündung eines Flusses gewaschen. Stella schwieg, schien zu überlegen. „Wie ging der Traum weiter?“, wollte er endlich wissen. „Ich weiß es nicht mehr.“ Sie zuckte enttäuscht die Schultern. “Ich habe ihn vergessen.“
Mahoud bog in die Auffahrt zum Hotel ein. Die Suite, die er gebucht hatte, lag im obersten Stockwerk und musste aus „Tausend und Einer Nacht“ sein. Dekor in Königsblau, ebenso die Seidenkissen, die orientalischen Teppiche und die Vorhänge an den Fenstern, die der Page gerade aufzog. Nun waren sie allein. Er überbrückte ihre Befangenheit, telefonierte mit dem Room Service und bestellte eine Flasche Dom Perignon. Sie ging auf die Terrasse und schaute hinaus auf die Weite des Persischen Golfs. Mahoud folgte ihr, in der Hand zwei gefüllte Gläser. „Cheers, Stella. Willkommen auf Bahrain.“ „Auf Bahrain, Mahoud, - der legendären Insel Dilmun.“ Sie tranken schweigend, dann legte er den Arm um ihre Schulter. Als sie sich küssten, dachte Stella noch, sein Schnurrbart kitzelt ein wenig, dann trug sie eine wohlige Welle davon. „Komm“, sagte er und zog sie ins Zimmer. Er bedeckte sie mit Küssen, sein Atem ging schneller. „Du willst mich jetzt bestimmt verführen, oder?“ „Das habe ich fest vor.“
Ali
"Vertrauen ist eine Oase im Herzen die durch die Karawane des Denkens nie erreicht werden kann" Kahlil Gibran
Es war bereits Nachmittag, als sie erwachten, Stella fragte verschlafen, ob sie wirklich auf Bahrain wären, oder ob sie vielleicht nur träume. „Warum solltest du nicht auf Bahrain sein, mein kleines Vögelein?“ Mahoud lächelte. Sie stieg aus dem Bett und wollte unter die Dusche. Mahoud blickte ihr nach und dachte, dass er sie wirklich liebte. Sie ist sinnlich. Er fragte sich, wie weit er mit ihr gehen durfte...
Sie kam aus dem Bad zurück, nur mit einem Handtuch bekleidet und fragte, was sie heute noch unternehmen würden. „Wir könnten zu den Ausgrabungsstätten fahren, wenn du willst“, entgegnete er gut gelaunt. „Vorher muss ich nur einige Telefonate erledigen.“ Sie zog sich an und hörte ihn auf arabisch telefonieren. Bekleidet mit einer langen weißen Hose und einer gleichfarbenen Seidentunika ging sie hinaus auf die Terrasse, um auf Mahoud zu warten. Die Sonne war inzwischen weiter gewandert, doch das Blau des Golfes immer noch unvergleichlich schön. Stella verweilte eine ganze Zeit dort, schweigend, mit Blick auf das Meer. Als sie sich endlich umdrehte, entfuhr ihr ein Wow! Darauf war sie nicht vorbereitet. Mahoud stand vor ihr in arabischer Landeskleidung, mit weißer, bodenlanger Thobe. Auf dem Kopf trug er die Ghutra, das obligate Kopftuch. Stella sah ihn stumm an, erst jetzt wurde ihr bewusst, wo sie sich befand und vor allem, wer er war. „Stella, was ist mit dir?“ fragte er lachend. „Sei gegrüßt, mein Beduine“, flüsterte sie. „Ich bin der gleiche Mensch geblieben“, meinte er belustigt. „Komm. Wir fahren.“
Mahoud kannte sich auf Bahrain aus. Er erzählte, dass er oft von Dharan herüber komme. Stella war schweigsam, er fragte, was sie habe. „Ich bin durcheinander, Mahoud. Erst die luxuriöse Suite und jetzt deine Verwandlung!“ „Du sollst dir nicht so viele Gedanken machen und die Zeit mit mir genießen.“
Sie erreichten das Dorf Barbar. Einen Kilometer dahinter hielt er den Wagen an und parkte im Schatten einer Palme. Mahoud führte sie einen ausgetretenen Ziegenpfad entlang bis zu einem freien Platz mit verwitterten Erdhügeln und Gräben. Alles schien vor langer Zeit verlassen worden zu sein. Er nahm ihre Hand und erklärte: „Genau an dieser Stelle haben dänischen Archäologen einen Tempel entdeckt.“ Mahoud zeigte auf die Hügel hinüber. „Dort haben sie einen Brunnen ausgegraben, sie fanden Tonscherben...“ „Und Münzen und Alabastervasen“, beendete Stella den Satz. Sie sprach leise, mehr zu sich selbst, bückte sich und fuhr fast zärtlich mit der Hand über den ausgetrockneten Boden. Dann flüsterte sie: „Sie kamen von den Sternen und vermählten sich mit den Töchtern der Erde und bauten die Zikkurat für Götter, die vom Himmel stiegen.“ Mahoud hatte einen großen Baum ausfindig gemacht. Sie setzten sich darunter, um ein wenig auszuruhen.
„Was meintest du mit, sie kamen von den Sternen?“, fragte er neugierig. „Ich meinte die Sumerische Sage, die vor ein paar tausend Jahren auf Keilschrifttafeln geschrieben wurde. Du kennst ja die Gilgamesch Sage.“ Sie sah ihn an. „Ich glaube, dass wir alle von den Sternen kamen, in welcher Form auch immer, und dorthin zurückkehren. Nicht alle Menschen verstehen mich, aber als Künstler genießt man eine gewisse Narrenfreiheit. Miguel Angelo versuchte mich zu verstehen, aber bedauerlicherweise sind wir daran gescheitert. Wir waren zu verschieden.“ „Stella, du bist wirklich seltsam, aber ich verstehe und liebe dich.“ „Ich glaube auch, dass wir uns schon lange kennen. Allein aus diesem Grund begleitete ich dich und habe Vertrauen zu dir.“
Es war still dort, wo sie saßen, nur manchmal wehte der Wind die Laute vom nahen Dorf zu ihnen herüber. Mahoud war schweigsam und Stella dachte an die Archäologen. Ob sie wohl genauso unter diesem Baum gesessen haben und sich über versunkene Kulturen Gedanken machten? Über die Stadt Ur und über Mesopotamien, es soll ja die Wiege der Menschheit gewesen sein. Das Lachen spielender Kinder hörte sie. Und weit in der Ferne den Ruf eines Esels. Mahoud legte den Arm um ihre Schulter und küsste sie sanft. Nachdenklich nahm sie eine Hand voll Erde und meinte: „Vielleicht war Gilgamesch auch an dem Platz, wo wir gerade sitzen. Er hat auf Dilmun das Wasser des Lebens gesucht.“ „Mit Sicherheit war er hier, Stella, aber er konnte seinen Freund Enkidu dennoch nicht retten.“ „Was du sagst, stimmt mich traurig. Erzähle mir ein wenig über Gilgamesch.“ „Wusstest du, dass Gilgamesch und sein Freund bis in den Libanon kamen? Sie drangen in den verwunschenen Wald der heiligen Zedern ein und besiegten dort das Ungeheuer Chuwawa.“ „Chuwawa?“ Sie musste lachen, meinte, das klänge wie irgendeine exotische Hunderasse. Wieder ernst fragte sie, wie er das Gilgamesch Epos interpretieren würde. „Ja wie“, überlegte er. „Es geht vermutlich darum, dass ein Gott Mensch wird. Die Sage handelt vom Verlust der Unsterblichkeit und der daraus folgenden Angst vor dem Tod. Es ist das Aufbegehren gegen die Götter.“ Mahoud kaute gedankenverloren auf einem Grashalm herum. „Ich glaube, es geht um die endgültige Abnabelung von ihnen.“ „Unser Preis für Freiheit und Selbstbewusstsein? Und du meinst, wir kommen einfach ungestraft davon?“ Nachdenklich zog er die Stirn in Falten. „Bahrain ist die Insel Dilmun, wo Ziusudra lebte. Bei euch in der Bibel wird er Noah genannt. Die Götter straften damals die Menschheit mit der Sintflut. Ja, es liegt alles in Allahs Hand.“ Er erhob sich. „Lass uns aufbrechen. Ich möchte mit dir nach Al-Manama fahren. Es gibt dort im alten Viertel ein kleines Restaurant, die haben immer frischen und sehr guten Fisch. Danach gehen wir in den Souk, einverstanden?“ „Einverstanden.“ Sie nahm seine dargebotene Hand, dann kehrten sie zum Auto zurück.
Ali
"Vertrauen ist eine Oase im Herzen die durch die Karawane des Denkens nie erreicht werden kann" Kahlil Gibran
Es war kalt geworden, als sie auf die Straße traten, Stella hängte ihren Schal um. Mahoud führte sie in den Souk. Die Geschäfte dort waren alle hell erleuchtet. Sie beobachtete, wie die arabischen Frauen laut mit den Goldjuwelieren feilschten. Schmuck wurde in einer für sie bis dahin nicht gekannten Vielfalt angeboten. Mit prüfendem Blick begutachteten die Araberinnen Armreifen, Goldketten und andere, für Stella exotisch anmutende Schmuckstücke. Sie beobachtete die Hartnäckigkeit beim Handeln und Mahoud erklärte, die Frauen hätten Spaß dabei und die Verkäufer auch. Bei den Bekleidungsgeschäften zeigte er ihr Tschadors, große Kopftücher, die von den Frauen im arabischen Raum getragen werden. „Du solltest dir ein paar kaufen“, schlug er vor. „Glaubst du, dass sie mich kleiden?“, fragte sie, zog skeptisch die Brauen hoch. Sie nahm zögernd einen Tschador, legte ihn über den Kopf und betrachtete sich im Spiegel. Das Tuch fiel weit über ihre Schultern, sie schlug die Enden um den Hals und wendete sich dann zu Mahoud um. „Du siehst wie eine Einheimische aus“, strahlte er. Stella kaufte mehrere Tschadors in verschiedenen Farben und meinte: „Gehen wir weiter.“ „Nein, Stella, du brauchst für morgen unbedingt eine Abaaya. Es ist in Saudi Arabien Pflicht für jede Frau“, er lächelte, „und einen Schleier.“ Sie sah ihn mit großen Augen an. Verständnislos fragte sie, ob er das im Ernst gemeint hätte. Er nickte. „Ich lasse mich nicht einsperren, Mahoud!“ „Stella“, beruhigte er sie, „es ist besser und auch sicherer, wenn du dich anpasst, glaube mir. Ist doch nur für die Öffentlichkeit.“ „Mahoud!“, entgegnete sie aufgebracht, „ich werde mich nicht hinter so einem Vorhang verstecken, wie sie im Fernsehen beim Afghanistan-Krieg gezeigt wurden.“ „Der Schleier in Saudi Arabien darf hauchdünn sein und erspart uns eine Menge Ärger. Es geht ja nur um die Strasse.“ Er wechselte ein paar Worte mit dem Verkäufer, der mit zwei Abaayas wiederkam. Neugierig befühlte sie den Stoff: schwarze, halbschwere Seide und ausgezeichnet verarbeitet. Ein Muster war eingewebt und der Rand mit Brokatborte verziert. Stella zog kurz entschlossen eine Abaaya über und betrachtete sich erneut im Spiegel. Ja, das war die totale Verwandlung, und irgendwie begann es ihr zu gefallen. Die Abbaya reichte bis zum Boden. Als der Verkäufer mit den Schleiern kam, suchte sie einen leichten aus. Sie band ihn um den Kopf und wickelte ihn vorne so, dass nur noch ihre Augen frei waren. Aber dann entschied sie sich anders und drapierte den Schleier um. Nunmehr war ihr ganzes Gesicht verhüllt. Stella stand da, völlig schockiert. Schockiert darüber, an sich selbst erkannt zu haben, wie man einfach verschwindet, weil Männer mit alten Köpfen ihre Frauen lieber verstecken, als sie stolz der Öffentlichkeit zu zeigen. Aber da war ein anderer Teil von ihr, der begann sich zu begeistern. Dieser Teil war fasziniert von der für sie exotisch anmutenden Maskerade. Stella beschloss, in den nächsten Wochen das Spielchen mitzumachen, um dann wieder in ihre alten Kleider zu schlüpfen. „Stella, mein Vögelein.“, hörte sie wie aus weiter Ferne Mahouds Stimme. „Du siehst fantastisch aus.“ Ich sehe fantastisch aus. Sie fragte sich bange, ob der Schleier Einfluss auf ihre Persönlichkeit haben könne? „Er steht dir gut!“, sagte Mahoud sichtlich zufrieden. „Komm, wir gehen.“
Ali
"Vertrauen ist eine Oase im Herzen die durch die Karawane des Denkens nie erreicht werden kann" Kahlil Gibran
„Willst du wirkliche Einsamkeit erleben?“ Er sah sie fragend an und nahm den Fuß vom Gaspedal. – „Hier kannst du sie erleben.“ Er hielt den Land Rover am Straßenrand an. „Wenn du wirkliche Einsamkeit erleben willst, gehe in diese Richtung.“ Er zeigte herüber zu den Dünen, „aber entferne dich nicht zu weit, es wird bald dunkel.“ Mahoud stieg aus. „Ich werde inzwischen mein Gebet verrichten.“ Langsam kletterte Stella die Dünen hinauf, blickte noch einmal zurück und sah ihn auf seinem Gebetsteppich knien. Während sie weiterging, hatte sie auf einmal den Eindruck, als befände sie sich in einem Niemandsland. Die Einsamkeit überraschte sie wie ein Schlag. Sie betrachtete die Sanddünen, die in die Unendlichkeit reichten. Die Sonne stand am Horizont, warf ein unwirkliches Spiel von Licht und Schatten auf den Sand. In Stella begann eine Ahnung hochzusteigen, dass es die Wüste sein musste, welche die Menschen formte. Nun konnte sie Mahoud verstehen. Hier, das war eine Landschaft der Extreme, wo Menschen auf ein Nichts reduziert leben, oder diesem Nichts durch übertriebenen Reichtum entkommen wollen. Sie hatte nicht bemerkt, dass sie weinte. Lautlos, wie die Stille ringsum. Mahoud musste sich irgendwann neben sie gesetzt haben. Es war ihr nicht aufgefallen. Er hatte seinen Arm um sie gelegt und wiegte sie sanft, um sie zu beruhigen. „Komm, lass uns zum Wagen gehen“, sagte er leise. „Es wird dunkel.“ Sie weinte noch immer, als sie am Wagen anlangten. Er half ihr beim Einsteigen und nahm sie wieder in die Arme. Es tut mir leid, dachte sie, es tut mir leid, ihn so angegriffen zu haben. Er hatte es nicht verdient. „Du wirst nie mehr allein sein, mein kleines Vögelein“, beruhigte er sie. „Ich verspreche es dir und werde immer bei dir sein.“
wenn hier keiner kommentiert isses komisch
Ali
"Vertrauen ist eine Oase im Herzen die durch die Karawane des Denkens nie erreicht werden kann" Kahlil Gibran
Das Haus von Hannelore und Nasser Sahlih al- Homoud lag in der besten Wohngegend von Dubai. In einem prächtigen Garten, mit schmiedeeisernem Tor und Wächtern, welches Mohamed gerade mit dem Auto passierte. Hannelore wartete bereits an der Tür. „Da seid Ihr ja. Ich bin gespannt auf deine Freundin, Mahoud.“ Sie umarmte Stella herzlich. Auch Laila und Nasser al-Homoud wechselten mit ihr ein paar Worte. Die übrigen Gäste standen in lockeren Gruppen herum und unterhielten sich. Wie Stella erleichtert bemerkte, waren auch viele Ausländer darunter. Ein Kellner bot auf einem Tablett Gläser mit Orangensaft oder Champagner an. Stella nahm ein Glas Champagner und trank es aus. Laila behandelte viele der Gäste wie alte Bekannte und wie Stella beobachtete, verrieten Lailas Blicke und Gesten, dass diese Gäste schwerreich waren. „Schau mal rechts!“ Laila berührte unauffällig Stellas Arm, „das ist einer der Al-Sauds, ein Prinz aus dem Königshaus in Saudi Arabien.“ Sie sah sie bedeutungsvoll an und flüsterte: „Prinz Ali Al- Saud ist durch und durch kultiviert und unglaublich reich. Seine einzigen Interessen sind Geld und Frauen.“ Stella musste lachen und fand die Party immer amüsanter, und als wieder ein Kellner mit Getränken kam, nahm sie ein weiteres Glas. „Da ist also die deutsche Freundin von Mahoud!“ Hannelore stand vor ihr. Eine blonde Schönheit mit blauen Augen, die sie mit unverhohlener Neugier freundlich lächelnd betrachtete. Hannelore muss weit über vierzig sein, überlegte Stella. Sie lächelte zurück und musste zugeben, dass sie mit allem, was heutzutage kosmetisch machbar war, bedeutend jünger aussah. „Wie gefällt es Ihnen bei uns in den Emiraten?“, fragte Hannelore. Stella schien die Prüfung bestanden zu haben. Hannelore zeigte bei ihrer Frage wirkliche Anteilnahme, das merkte Stella, die sich gut in Menschen einfühlen konnte. „Danke, es gefällt mir so gut, dass mir oft die Worte fehlen.“ „Ich habe es noch miterlebt, als der moderne Teil von Dubai aufgebaut wurde. Seit dreißig Jahren bin ich nun mit Nasser verheiratet. Ich habe es noch keine Stunde bereut. Sie warf Stella einen bedeutsamen Blick zu. „Ich bin zum mohammedanischem Glauben übergetreten und fühle mich in meiner Freiheit keineswegs eingeschränkt. Nasser ist ein moderner Mensch, er besuchte zusammen mit Mohamed und Mahoud in London die Schule. Ich kenne Mahoud nun auch schon länger als zwanzig Jahre, mein Gott, wie die Zeit vergeht.“ Sie nahm ein Glas Champagner. „Jetzt stoßen wir erst einmal an. Auf gute Freundschaft, Cheers. Und auf die arabischen Männer.“ Sie beugte sich hinüber zu Stella und sagte leise: „Sie sind leidenschaftliche Liebhaber.“
Das Buffet wurde eröffnet. Die beiden Frauen schlenderten langsam zum Speisesaal. Hannelore nahm Stellas Hand und sagte, sie möchte sie nach dem Dinner gerne unter vier Augen sprechen. Dann entschwand sie in der Menge. Der Speisesaal war ein ganz in Karminrot und Gold gestalteter Raum. In der Mitte hatte man Buffets der Superlative aufgebaut, über und über mit den ausgefallensten Gerichten beladen. Da gab es einen gewaltigen Puter, er sprang geradezu ins Auge. Mehrere Hummer und Langusten, Platten mit Meeresfrüchten in außergewöhnlicher Dekoration. Geräucherten Lachs, Kaviar, rohen marinierten Lachs und verschiedene Sushi Platten, Austern auf Eis und eine Vielzahl von Terrinen, Pasteten, Galantinen, Roastbeef und kalten, aufgeschnittene Braten. In der Mitte der endlosen Tafel ergoss sich ein See aus dunkelgrüner Gelatine. Winzige Kräutersträußchen und Schnittlauch dienten als Uferpflanzen. Auf dem See schwammen Schwäne und vermittelten - wie konnte es auch anders sein - den Traum vom Schwanensee. Während die Gäste über das Buffet herfielen, stand Stella einfach nur da und bewunderte diese Pracht. „Die Schwäne sind aus Butter geschnitzt“, hörte sie neben sich eine Männerstimme in Englisch sagen, mit dem typischen Akzent, wie ihn Deutsche haben. „Die Platte ist gekühlt, damit die Schwäne nicht schmelzen.“ Stella sah in das Gesicht eines Mannes mittleren Alters, bekleidet mit einer Kochjacke. Auf dem Kopf trug er die Mütze eines Küchenchefs. „Wir sind eigentlich Kollegen.“ Sie lächelte ihn an, schaute dann auf den aufgestickten Namen seiner blütenweißen Jacke. „Herr Mittermayer. Sie sind sicherlich Deutscher oder Österreicher“, sagte sie in Deutsch. „Ich heiße Stella Andreatti.“ „Sehr erfreut. Nennen Sie mich einfach Freddy, ich bin aus Vorarlberg.“ „Wer hat dieses Kunstwerk geschaffen, Freddy?“ „Habe es zusammen mit meiner Küchenbrigade gemacht. Die vom Jumeirah Beach Hotel“, erläuterte er. „Ich arbeite dort bereits das dritte Jahr, vorher war ich im Mandarin in Hong – kong.“ „Dann kennen Sie vielleicht einen Freund von mir? Günther Merkel. Der war auch im Mandarin.“ „Ah, der Günther? Ja freilich kenn ich den Günther“, meinte er und schaute sie neugierig an. „Sie sind auch vom Fach?“ „Ich war es“, Stella zuckte mit den Schultern. „Ich besitze ein Gourmet Restaurant an der Algarve mit hochkreativer Küche.“ „Aber sagen Sie Freddy, das geschnitzte Obst und Gemüse sieht nach Thai Küche aus.“ „Wir haben zwei Thai Köche aus dem Oriental in Bangkok in unserer Brigade.“ „Die können fantastisch kochen! Ich habe das Buffet dort auf der Terrasse genossen, aber Ihres ist noch besser.“ „Alles eine Frage des Geldes.“ Er grinste. „Die Araber schwimmen in Öl und Geld. Sie können sich fast alles leisten. So macht das Kochen Spaß. Ich brachte damals einige Kollegen aus Österreich mit. Ist schon ein super Arbeiten.“
Ali
"Vertrauen ist eine Oase im Herzen die durch die Karawane des Denkens nie erreicht werden kann" Kahlil Gibran