Ich hab mich früher aufgrund von Jungs unzähligen Hinweisen auf den Volksglauben als kollektiven Volkstraum näher mit den Märchen und Sagen beschäftigt. Die Jungsche Schule hat sich einigen Märchen und Sagen detailliert gewidmet. Es gibt auch von Jung beeinflusste literaturwissenschaftliche Sagen- und Märchen-Analysen. Das Feld ist weit und fruchtbar. Eine besonders eindrückliche Sagenstudie ist "Die Sennenpuppensage" von Gotthilf Isler.
Auch sehr interessant ist die Volkskunde. Max Lüthi konnte sehr gut die strukturellen Unterschiede zwischen Sagen und Märchen aufweisen, wobei die Sage als die ursprünglichere gilt, auch wenn beide mündlichen Erzählformen neben- und ineinander übergingen. Erwähnen will ich auch das riesige Aberglauben-Lexikon von 10 Bden, soweit ich weiß einzigartig im deutschen Sprachraum auf diesem Gebiet, teilweise schon veraltet, aber epochal. Jolles Einfache Formen weisen auf die Grundformen des mündlichen Erzählens hin, ein bisschen seltsam beschrieben, aber in seinem Grundgedanken sehr aufschlussreich.
Petzold schrieb ein tolles Buch über die Definition der Sage und sammelte volkskundlich thematisch Sagen, wodurch ein guter Überblick möglich wird.
Auch Goethe und Schiller usw. haben sich speziell mit der Poetik von Sagen und Märchen beschäftigt. Nicht zu vergessen E.T.A. Hoffmann. Man denke nur an die vielen Kunstmärchen.
Jeremias Gotthelf formte die Spinnensage in eine wunderschöne hochliterarische Erzählung und blieb dem Wesen der Sage treu.
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Bei den Grimms war es "Die kleine Meerjungfrau", aber als ich es bei meinem Ex erlebte, hab ich es abgelegt.
Jetzt hab ich kein Lieblingsmärchen mehr.
Ich schreibe meine Geschichten lieber selbst, auch lebensmäßig.
Wie kann man denn die kleine Meerjungfrau tiefenpsychologisch deuten?
Was siehst Du alles in der Geschichte?
Die kleine Meerjungfrau ist ein Kunstmärchen des dänischen Schriftstellers Hans Christian Andersen. Es basiert auf der Sage der Undine.
Die kleine Meerjungfrau ist die jüngste und anmutigste der sechs Töchter des Meerkönigs. Sie hat, wie alle Meermenschen, keine Füße, sondern einen Fischschwanz. Sie besitzt als einzige die Marmorstatue eines Jünglings, welche im Meer versunken ist. Durch Erzählungen von der Oberfläche („Die Blumen duften und die Fische (=Vögel) singen wunderbar“) weckt ihre Großmutter weiter die Sehnsucht nach der Menschenwelt. Mit fünfzehn Jahren dürfen die Töchter nachts hinauf und am Strand liegen - die älteren Schwestern, welche früher dieses Alter erreichen, erzählen ihr Wunderdinge von der lärmenden beleuchteten Stadt, den Vögeln, dem Sonnenuntergang, Kindern und Eisbergen. Als sie endlich selbst das Alter erreicht, steigt sie empor und beobachtet die Matrosen auf einem Schiff - am besten gefällt ihr aber der Prinz mit den dunklen Augen, der gerade seinen sechzehnten Geburtstag feiert. Jedoch zieht ein Sturm auf, das Schiff sinkt, und die Meerjungfrau erinnert sich, dass Menschen nur tot auf den Meeresgrund gelangen können, und bringt den Prinzen an den Strand. Sie beobachtet, wie ein Mädchen ihn findet und ist traurig, dass sie sich anlächeln - der Prinz weiß schließlich nicht, wer ihn gerettet hat. Die Meerjungfrau findet heraus, wo das Schloss steht und besucht die Gegend immer wieder. Sie erfährt, dass die Meermenschen im Gegensatz zu den normalen Menschen keine Seele besitzen, die nach ihrem Tod in die Luft aufsteigt - die einzige Möglichkeit, eine solche zu erlangen, ist, von einem Menschen geliebt zu werden. So begibt sie sich zur Meerhexe, die sie bisher stets fürchtete, und lässt sich einen Trunk brauen, der ihr Beine wachsen lässt statt ihrem Fischschwanz. Die Verwandlung ist jedoch unumkehrbar - sie wird nie wieder zu ihrem Vater und ihren Schwestern zurückkehren können. Falls der Prinz sich nicht in sie verliebt, bekommt sie keine unsterbliche Seele und wird zu Schaum auf dem Meere werden. Außerdem muss sie ihre Stimme hergeben. Stumm trifft sie also den Prinzen und wird von ihm in sein Schloss geführt. Dort bleibt sie bei ihm, aber der Prinz liebt nur das unbekannte Mädchen, das er am Strand sah und für seine Retterin hält. Später stellt sich heraus, dieses Mädchen ist die Prinzessin des Nachbarkönigreiches, und der Prinz heiratet sie. Da der erste Sonnenstrahl nach seiner Hochzeitsnacht der kleinen Meerjungfrau den Tod bringen soll, geben ihre Schwestern ihr den Rat, den Prinzen zu töten: Das würde sie wieder in ein Meerwesen verwandeln und retten. Sie bringt es aber nicht fertig, springt ins Wasser und löst sich in Schaum auf. Dort stirbt sie jedoch nicht, sondern verwandelt sich in einen Luftgeist - die wiederum die Möglichkeit haben, durch Bemühen um gute Menschen eine unsterbliche Seele zu erlangen.
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Ich hab einige Meerjungfrau-Märchen/-Sagen gelesen. Die von Andersen ist eine der schönsten. Es gibt auch eine anmutige Musical-Verfilmung.
Ich hab mich in der Geschichte wiedererkannt, weil ich wie die kleine Meerjungfrau zu allem schwieg, was mein Ex tat. Ich wollte nichts Falsches sagen, nichts zerstören. Aber in meinem Inneren stürmte es, so wie die See im Märchen. Er bekam rein gar nichts mit von meinem inneren Konflikt. Es war, als würden mich Messer stechen, während ich eisern schwieg. Wie im Märchen die stechenden Füße. Und das Ende war ganz ähnlich, er hatte eine andere und ich wünschte es ihm, damit er nicht allein ist und ich mir keine Sorgen um ihn machen musste. Da konnte ich gehen und war frei wie die kleine Meerjungfrau.
Klingt kitschig, ich weiß, aber das war es irgendwo auch, eine riesige Täuschung.
Es gibt noch ein anderes Märchen, das mich in dieser Zeit begleitete und noch Aktualität für mich besitzt, ein Film-Musical mit Leslie Caron: Lili. Mein Ex war die große Illusion, der Zauberer, jetzt will ich den ehrlich liebenden Puppenspieler, wo echte Gefühle da sind, eine eindeutige Liebe, so wie ich sie von meinem Neffen und meiner Ma her kenne.
Zitat von greenstoneMein Lieblingsmärchen war "Die Gänsemagd". Ich sehe noch immer die Zeichnung, die zu diesem Märchen in meinem Buch war, vor dem inneren Auge.
Kennst das Märchen jemand?
Ich muss mal nachschauen, wie genau es ging. Es berührte mich sehr, wie das Mädchen mit dem Pferdekopf sprach, der an der Wand in einem Torbogen hing.
Was ist Dein Lieblingsmärchen, Bonobo?
Hans im Glück
Der hat so etwas von dem Narren.
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Zitat von Sunnygirl Es gibt noch ein anderes Märchen, das mich in dieser Zeit begleitete und noch Aktualität für mich besitzt, ein Film-Musical mit Leslie Caron: Lili. Mein Ex war die große Illusion, der Zauberer, jetzt will ich den ehrlich liebenden Puppenspieler, wo echte Gefühle da sind, eine eindeutige Liebe, so wie ich sie von meinem Neffen und meiner Ma her kenne.
Sag, was tust Du, um diesen Mann in dein Leben zu ziehen?
Wie müsste wohl eine Frau sein, die der Puppenspieler eindeutig lieben wird?
Oder gibt es das vielleicht nur im Märchen...
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