Kurz vor geplanten Gesprächen zwischen Sondergesandten des Dalai Lama und chinesischen Regierungsvertretern haben Chinas Medien das geistliche Oberhaupt der Tibeter erneut heftig beschimpft.
Die Zeitung «Xizang Ribao» bezeichnete den im Exil in Indien lebenden Dalai Lama als «Verbrecher». Seine «Clique» habe die Tibeter zu den Mitte März begonnenen schweren Ausschreitungen angestiftet, bei denen nach offiziellen Angaben 19 Menschen getötet wurden. Seit dem Aufstand von 1959 habe der Dalai Lama immer wieder versucht, China zu spalten, hieß es weiter. In einem weiteren Artikel bezichtigte das Blatt den Friedensnobelpreisträger eines «politischen Komplotts». Der Dalai Lama sei außerdem ein «Zerstörer» der buddhistischen Tradition Tibets.
Die tibetische Exilregierung mit Sitz in der nordindischen Stadt Dharamsala hatte am Freitag mitgeteilt, zwei Gesandte des Dalai Lama würden an diesem Wochenende zu informellen Gesprächen über die Tibet- Krise nach China reisen. Ort und genauer Zeitpunkt des Treffens waren zunächst nicht bekannt.
04. M䲺 2008, 11:23 China vor Gesprächen mit Dalai-Lama-Gesandten Chinas Staats- und Parteichef Hu Jintao hat sich vor den für huete geplanten Gesprächen zwischen Gesandten des Dalai Lama und chinesischen Regierungsvertretern hoffnungsvoll geäußert. Derweil hat der olympische Fackellauf durch die chinesischen Provinzen begonnen.
«Ich hoffe, dass die Kontakte mit der Seite des Dalai Lama ein positives Ergebnis bringen», erklärte Hu nach Angaben der Nachrichtenagentur Kyodo News vor japanischen Journalisten in Peking. Gleichzeitig äußerte er die Erwartung, der Dalai Lama und seine Anhänger mögen «durch Taten» zeigen, dass sie ihre «separatistischen Aktivitäten» und «Aufwiegelung zur Gewalt» aufgeben. Nur so würden die Bedingungen für einen weiteren Dialog zwischen beiden Seiten geschaffen.
China hatte zuvor erstmals die Gespräche offiziell bestätigt. Die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua berichtete, es werde am Sonntag «Kontakte und Konsultationen» zwischen den «privaten Vertretern» des religiösen Oberhaupts der Tibeter und zwei chinesischen Regierungsgesandten geben.
Das als informell bezeichnete Treffen soll in Shenzhen in der Provinz Guangdong stattfinden, wie die tibetische Exilregierung im nordindischen Dharamsala zuvor mitgeteilt hatte. Im Zuge der Tibet-Krise war China wiederholt dazu aufgefordert worden, einen Dialog mit dem Dalai Lama aufzunehmen.
Die olympische Fackel hat ihre Reise in China fortgesetzt. Wie die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua berichtete, ist die erste Station auf dem Weg durch 31 Provinzen, Autonome Gebiete und unmittelbar der Regierung unterstellte Städte Chinas das Touristenzentrum Sanya auf der Tropeninsel Hainan. Zuvor war die Fackel durch die ehemaligen Kolonien Hongkong und Macao getragen worden, die zwar zum Staatsgebiet der Volksrepublik gehören, aber über einen politischen Sonderstatus verfügen. Anders als im restlichen China waren dort anti-chinesische Proteste erlaubt.
Bereits am Samstagabend war die olympische Flamme auf der bei Urlaubern beliebten größten Insel der Volksrepublik angekommen. Sie wurde wie erwartet vom frenetischen Applaus der Zuschauer und mit Fanfaren begrüßt. Der mit 137 000 Kilometern längste Fackellauf der olympischen Geschichte hatte im März mit einer Zeremonie in Peking begonnen.
Dalai Lama in Berlin - Große Solidaritätskundgebung für Tibet
Zum Abschluss seines Deutschland-Besuchs wird der Dalai Lama am 19. Mai nun auch nach Berlin kommen. Aus diesem Anlass rufen die Tibet Initiative Deutschland e.V. (TID) und der Verein der Tibeter in Deutschland (VTD) mit Unterstützung der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) zu einer großen Solidaritätskundgebung auf.
Am 19. Mai werden ab 16:00 Uhr am Brandenburger Tor nicht nur namhafte Künstler und Prominente für Tibet auftreten, sondern auch der Dalai Lama selbst wird erwartet, um eine Ansprache zu halten.
Mit dieser Kundgebung wollen wir zeigen, dass die Deutschen in dieser für Tibet schwierigsten Stunde seiner Geschichte solidarisch zum tibetischen Volk und dem Dalai Lama stehen. Wir rufen alle Menschen und befreundeten Organisationen in Deutschland auf, uns dabei zu unterstützen, dass diese Kundgebung ein Erfolg wird.
Helfen Sie mit, ein in dieser Zeit so wichtiges Zeichen zu setzen! Informieren Sie Freunde und Bekannte! Kommen Sie alle am 19. Mai!
Zum Auftakt seines zweiten Deutschland- Besuchs innerhalb weniger Monate hat der Dalai Lama «echte Autonomie» für Tibet gefordert. Das religiöse Oberhaupt der Tibeter betonte am Donnerstagmorgen in Frankfurt zugleich, dass Tibet nicht unabhängig von China werden solle.
Bei den Gesprächen mit der chinesischen Führung müsse es «Vertrauen» geben, um zu einer Lösung zu kommen. «Das fehlt», sagte der 72-jährige Friedensnobelpreisträger. Er äußerte sich sehr betroffen über das verheerende Erdbeben in China. Man werde für die Opfer beten, sagte er.
Der Dalai Lama war nach seiner Ankunft in Frankfurt mit Hessens Regierungschef Roland Koch (CDU) zu einem Frühstück zusammengekommen. Koch sagte, die Situation für Tibet und den Dalai Lama sei derzeit «sehr schwierig». Dies gelte aber auch für die Chinesen nach dem verheerenden Erdbeben. Die Olympischen Spiele in Peking seien eine Chance für China, sich zu öffnen. Die religiösen und kulturellen Rechte der Tibeter müssten geachtet werden, forderte Koch.
Im Laufe des Tages trifft der Religionsführer in Bochum NRW- Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU). Der Dalai Lama war von der «Tibet Initiative Deutschland» eingeladen worden. Deren Vorsitzender Wolfgang Grader forderte die Bundesregierung in einem RBB-Interview auf, bei der chinesischen Führung stärker auf eine friedliche Lösung der Tibet-Frage zu dringen. Man erwarte, dass sich die Regierung «aktiv beteiligt, dass der Tibet-Konflikt friedlich beendet werden kann». Deutschland solle «nicht nur auf stillem diplomatischen Wege, sondern auch offen Druck auf die chinesische Regierung» ausüben und Peking auffordern, die Probleme zu lösen.
Das geplante Treffen von Entwicklungshilfeministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) mit dem Dalai Lama stößt unterdessen in ihrer eigenen Partei auf Kritik. «Wenn ich die Ministerin wäre, würde ich mich nicht mit dem Dalai Lama treffen», sagte SPD-Fraktionsvize Walter Kolbow dem «Kölner Stadt-Anzeiger» (Donnerstag). «Wir haben eine China-Politik des Außenministers, die sich an langen Linien orientiert und die Stabilität Chinas im Auge hat.»
Deutschland und China wollten gemeinsam den Opfern des Wirbelsturms in Birma helfen. Auch deshalb könnte das Treffen mit dem religiösen Oberhaupt der Tibeter als «Affront» gegenüber China gesehen werden, sagte Kolbow, der sich derzeit zu politischen Gesprächen in Peking aufhält. Weder Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) noch die SPD-Fraktion im Bundestag seien über das Vorhaben der Ministerin informiert gewesen. Der SPD Verteidigungsexperte Jörn Thießen sagte der Zeitung, er halte das Treffen für «einen schweren Fehler der deutschen Außenpolitik».
Kolbow forderte in der in Würzburg erscheinenden «Main-Post» (Donnerstag) zugleich mehr Rücksicht auf die innenpolitische Situation in China. «Ich glaube, dass auch wir intensiver auf die Stabilität Chinas achten müssen. Wir sollten die Risiken von Fehlentwicklungen in China nicht unterschätzen.» Bei den Unruhen im März sei die Gewaltbereitschaft teilweise auch von Tibetern ausgegangen. Die Vorgänge müssten jetzt aufgeklärt werden. Dazu müsse China aber auch ausländische Beobachter in die Region lassen. «Zunächst muss der Abbau von Spannungen im Vordergrund stehen. Dazu muss auch der Dalai Lama seinen Beitrag leisten», sagte Kolbow.
Ministerin: «Sehr gutes Gespräch» mit Dalai Lama Nach tagelangen Turbulenzen in der SPD hat Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul ihr umstrittenes Treffen mit dem Dalai Lama gegen Kritik aus der eigenen Partei verteidigt. Insbesondere SPD-Chef Beck äußerte sich noch einmal verärgert.
Parteipolitik sei bei dem Thema fehl am Platz, sagte Wieczorek-Zeul im Anschluss an das 45-minütige Gespräch mit dem religiösen Oberhaupt der Tibeter am Montag in Berlin. «Das wird weder den Menschen in der betroffenen Region gerecht, noch der Persönlichkeit des Dalai Lama.» Der SPD-Vorsitzende Kurt Beck zeigte sich erneut verärgert, dass das Treffen nicht mit der Parteispitze abgesprochen war - er habe sich jedoch inzwischen mit der Ministerin ausgesprochen.
Der Dalai Lama reagierte mit Ironie auf die innenpolitische Diskussion: «Ich bin ein Unruhestifter. Überall.» Die Bundesregierung rechnet nach Angaben eines Sprechers wegen des Treffens der Ministerin mit dem Religionsführer nicht mit einer erneuten Verstimmung Chinas.
Wieczorek-Zeul ließ sich von dem Dalai Lama über den Dialog tibetischer Vertreter mit Peking informieren. An der Position Deutschlands, das diese Annäherung unterstütze, habe sich nichts geändert, sagte sie anschließend. Die Ministerin betonte, sie habe den Dalai Lama im Berliner Hotel «Adlon» als Regierungsvertreterin und nicht nur privat getroffen.
Das Treffen war der einzige Termin des Friedensnobelpreisträgers mit einem Regierungsvertreter. Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) hatte sich nicht mit dem im indischen Exil lebenden Religionsführer getroffen und dies mit Terminproblemen begründet. Intern soll er erklärt haben, konkrete Erfolge bei der Annäherung zwischen China und den Tibetern dürften nicht «durch unbedachte Aktionen» gefährdet werden. Über das Treffen des Dalai Lama mit Wieczorek-Zeul war er ebenso wenig vorab informiert wie SPD-Chef Beck. Dieser sagte der «Neuen Ruhr/Rhein Zeitung» (Essen/Dienstag): «Das Treffen ist nicht das Problem, sondern, dass die gesamte SPD- Führung überrascht wurde.»
Wieczorek-Zeul und er hätten sich ausgesprochen. «Ich gehe davon aus, dass sich so ein unabgestimmtes Verhalten in einer wichtigen Frage nicht mehr wiederholt», sagte der SPD-Chef. Beck betonte, niemand stelle das Recht der Tibeter infrage, für eine größere kulturelle und religiöse Autonomie zu kämpfen. Ihm gehe es darum, etwas zu bewegen «und nicht mit Tibet deutsche Innenpolitik zu machen».
Der Sondergesandte des Dalai Lama, Kelsang Gyaltsen, äußerte indirekt Kritik an Steinmeier. Zwar sei man sehr dankbar über seinen Einsatz bei der chinesischen Führung. «Aber es ist gerade jetzt wichtig, dass die internationale Gemeinschaft zeigt, dass sie die konsequente Gewaltlosigkeit des Dalai Lama und seinen höchst moderaten und versöhnlichen politischen Kurs unterstützt», sagte Gyaltsen, einer der Vertreter der Tibeter bei dem Dialog mit China. «Es ist gerade jetzt wichtig, die richtigen Signale an China zu schicken.» In der Vergangenheit sei die «stille Diplomatie» mit China nicht sehr erfolgreich gewesen.
Steinmeiers Absage an ein Treffen mit dem Dalai Lama war von der Union kritisiert worden und hatte eine hitzige Debatte in der großen Koalition ausgelöst. Damit brach die Kontroverse vom September 2007 wieder auf, als Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) den Dalai Lama empfangen hatte, Steinmeier aber nicht. Merkel ist derzeit auf einer Lateinamerika-Reise.
Der Dalai Lama kam am Montag auch mit CDU/CSU-Fraktionschef Volker Kauder, Mitgliedern des Auswärtigen Ausschusses, der Grünen-Führung sowie mit FDP-Politikern zusammen. Grünen-Chef Reinhard Bütikofer sagte: «Ich finde den rein innenpolitisch motivierten Streit innerhalb der Regierungskoalition, wer den Dalai Lama wann und wie trifft, ziemlich abgeschmackt.»
Vize-Regierungssprecher Thomas Steg sagte, er gehe davon aus, dass der auch von Merkel geförderte Dialog zwischen China und Vertretern des Dalai Lama von dem Treffen Wieczorek-Zeuls nicht beeinträchtigt werde. Unionsfraktionschef Kauder forderte China, das gegen das Treffen von Wieczorek-Zeul protestiert hatte, zur Mäßigung auf. «Die Chinesen müssen einfach akzeptieren, dass wir als Demokraten schon selber entscheiden, mit wem wir sprechen.»
Zum Abschluss seines fünftägigen Besuchs bekundete der Dalai Lama bei einer Veranstaltung am Brandenburger Tor vor 20 000 Menschen sein Mitgefühl mit den Opfern des schweren Erdbebens in China. Er sagte, die bei der Kundgebung gezeigten tibetischen Flaggen seien «ein Symbol für die Bewahrung unserer kostbaren Kultur».
Gewalt und Gewaltlos ... wie geht das? Da gibt es allerlei seltsames, was dazu gedacht wird ... Der dpa-Ticker hatte da heute Vormittag die Meldung, das in Dharamsala ca 600 Tibeter über weitere Vorgehensweisen sich besprechen ... der Dalai-Lama ist bei den Besprechungen nicht anwesend ... die Tibeter in Tibet, seinen größerer Repressalien ausgesetzt ... die Gespräche sind in Stocken geraten ...
Tagung der Exil-Tibeter in Nordindien Schwindet der Einfluss des Dalai Lama?
Das Treffen der Exil-Tibeter ist eigentlich Routine, aber was vor ihm passierte, war sensationell: Der Dalai Lama gestand das Scheitern seines China-Kurses ein. Jetzt sollen seine Landleute im nordindischen Exil die Richtung stärker bestimmen - sie könnten radikalere Lösungen anstreben.
Von Kai Küstner, ARD-Hörfunkstudio Neu-Delhi
Von mehreren Mönchen und von Trompeten-Musik begleitet hielt der Premierminister der tibetischen Exil-Regierung Einzug. Dann eröffnete Samdhong Rinpoche die mehrtägige Sonderkonferenz im nordindischen Dharamsala: "Das Treffen kommt gerade rechtzeitig und ist dringend notwendig. Wir glauben, dass es als wichtiges Ereignis in unsere Geschichte eingehen wird", so der Premier der Exil-Tibeter.